Wohnen in Österreich: Von der sozialen Infrastruktur zur Finanzanlage
Autoren: Christian Zeller, Andreas Van-Hametner, Christian Smigiel und Karolin Kautzschmann
Österreich galt lange Zeit als Paradebeispiel für eine sozial ausgeglichene Wohnungspolitik. Vor allem Wien ist international für seine Tradition des sozialen Wohnbaus bekannt. Doch auch in Österreich stiegen Mieten und Kaufpreise für Wohnungen und Häuser in den letzten Jahren rasant an. Wohnen als soziale Infrastruktur eines korporatistischen Wohlfahrtsstaates verliert zunehmend ihren Stellenwert.
Der in der Zeitschrift PROKLA veröffentlichte Artikel greift die Veränderungen der österreichischen Wohnungspolitik vor dem Hintergrund einer gegenwärtigen kapitalistischen Konfiguration als finanzdominiertes Akkumulationsregime auf und legt die Veränderungen ökonomischer und institutioneller Rahmenbedingungen dar. Die föderale Organisation der Wohnungspolitik in Österreich bedingt außerdem regional stark unterschiedliche Entwicklungen der Wohnkosten. In einer Analyse der Bundes-, Landes und urbanen Ebene gehen die AutorInnen daher der Frage nach, inwiefern institutionelle Veränderungen die ökonomische Verwertungslogik im Wohnungsbereich beeinflussen. Beispielhaft aufgegriffen werden dafür die Städte Salzburg und Linz, deren wohnungspolitische Entwicklungen zugleich deutlich vom Erbe der Wohnbaupolitik des Roten Wiens abweichen. Die Wenngleich der Kern des österreichischen Wohnbausystems, der gemeinnützige Wohnbau, in deformierter Form weiterbesteht, zeigen die Ergebnisse, dass ein genereller Trend zur Kommodifizierung besteht. Die eigentumsorientierte Wohnungspolitik fördert indirekt Kreditmärkte und die individuelle Verschuldung. Durch eine verstärkte Subjektförderung, also personenbezogene Transferleistungen, werden Reparaturen vorgenommen, ohne die Strukturen zu verbessern. Die Versorgung mit Wohnraum erscheint zunehmend als individuelles Problem und zeigt Tendenzen von Responsibilisierung in Bezug auf die Altersvorsorge auf.